Der letzte Monat.

Ein Übergang ohne Bedeutung.

Ich dachte, der Dezember kommt ohne Geräusch. Ein stiller Schnitt im Kalender. Aber das stimmt nicht. Heute Morgen hat der Frost eine dünne Haut über die Dinge gelegt. Nicht genug, um Spuren festzuhalten. Aber genug, um sie hörbar zu machen. Der Weg und das Gras knackten leise unter den Stiefeln, als hätte die Nacht versucht, die Welt einzufrieren und es dann doch gelassen. Talko lief voraus. Wie immer. Den Kopf dabei so tief, als suche er etwas, das nur Hunde finden können. Wahrscheinlich ist dem auch so. Der Himmel war klar. Ein kaltes Blau, das nichts versprach außer Ehrlichkeit. Ich denke oft, dass der Dezember der Monat ist, in dem alles langsamer wird. Ob man will oder nicht. Der Monat, in dem man merkt, was bleibt, wenn nichts mehr laut ist. Ich mag diese Art von Tagen. Die stillen. Die, an denen man nichts erklären muss. Und jetzt? Das Ende des Jahres hat begonnen und es macht es wie immer. Ohne Rücksicht. Einfach so.

Vielleicht liegt es daran, dass es der letzte Monat ist. Vielleicht an der Kälte. An der frühen Dunkelheit. An den Lichtern. Ich denke in diesen Tagen häufiger zurück. Nicht in der Art, wie Menschen Rückblicke machen, mit Listen und Höhepunkten, sondern eher beiläufig. Ich sehe die Monate wie Räume, durch die ich gegangen bin. Manche waren eng, andere weit, einige fast leer. Ich erinnere mich an Tage, an denen ich dachte, dass nichts mehr geht, und an andere, an denen einfach nur alles still war. Es war kein gutes Jahr, aber auch kein schlechtes. Es war ein Jahr, das mich gezwungen hat, genauer hinzusehen. Auf mich. Auf das, was ich tue, und das, was ich lasse. Auf den Menschen, der ich sein will. Manches hat sich verändert, ohne dass ich es wollte. Manches, weil ich es wollte. Anderes erst, weil ich es nicht mehr verhindern konnte. Und jetzt, da es zu Ende geht, sehe ich klarer, was davon bleibt und was nicht mehr zurückkommt. Das klingt einfacher, als es ist. Veränderungen tragen selten ein Schild. Sie sind meist leise, unscheinbar, schleichen sich in die Tage wie Frost in den Boden. Und erst wenn man stehen bleibt, merkt man, dass etwas anders ist.

Ich weiß, dass das nächste Jahr nicht wird wie die Jahre davor. Es wird härter in manchen Dingen, leichter in anderen. Einige Türen, die lange offen standen, werde ich schließen müssen. Andere werde ich öffnen, obwohl ich nicht weiß, was dahinter liegt. Vielleicht ist es genau das, was mich ruhiger macht. Die Erkenntnis, dass man nicht alles wissen muss, um weiterzugehen. Ich denke manchmal, es gibt diesen Moment, kurz vor dem Jahresende, in dem man begreift, dass man niemandem etwas schuldet, außer sich selbst. Kein perfektes Leben, kein ständiges Funktionieren, kein Bild, das anderen gefallen muss. Es reicht, die eigenen Schritte auszuhalten und die Wahrheit nicht mehr zu umgehen. Veränderungen kommen. Immer. Ob man sie will oder nicht. Man muss sie nicht erklären, nicht feiern, nicht dramatisieren. Man muss sie nur annehmen. Still, ohne Erwartung. Ich bin vollkommen bereit, weiterzugehen.

Vielleicht bleibt mir vom Jahr am Ende weniger übrig, als ich glaube. Ein paar Sätze, ein paar Orte, ein paar Entscheidungen, die ich getroffen habe, ohne später noch lange darüber zu sprechen oder nachzudenken. Der Rest verblasst. Menschen, die gekommen und gegangen sind. Tage, die man ausgehalten hat. Andere, die man hätte besser festhalten sollen. Es ist erstaunlich, wie wenig davon wirklich Gewicht hat, wenn man genauer hinsieht. Und doch reicht es. Man blickt zurück, stellt fest, was war, was nicht mehr ist, und was man ohne großes TamTam mitnimmt. Der Dezember macht es einem leicht. Er sagt nichts. Er fragt nichts. Er verlangt nichts. Er lässt einen stehen, genau dort, wo man ist. Und manchmal ist das der ehrlichste Punkt, von dem aus man weitergehen kann.